Meine WannenPoesie - Weitsicht

Weitsicht

Vor-Advents-Baden bei Usselswetter.
Mir ist gerade wieder mal bewusst geworden, wie groß das Schwarmwissen der Menschheit ist und es nimmt täglich zu.
Dennoch ist es umso mehr schade, dass dies nicht konsequent genutzt wird. Es sollte einen Paradestaat, ein Eldorado 21 geben, in dem alle positiven Erfahrungen, Erfindungen und Erkenntnisse direkt um­ge­setzt werden müssen. Das Neueste aus Forschung und Wissenschaft, aus Ge­sell­schafts­trends und Medizin, Bildung und Ethik, usw., usw.

Es gibt für jedes Problem einen besseren Weg, irgendwo auf der Welt, aber die Adaption ist schwierig. Die Übernahme ist scheinbar negativ besetzt, wie das Abkupfern in der Schule oder wird einfach durch den Einfluss von Lobbyisten ver­hin­dert, so finden die wenigsten guten Dinge Nachahmer. Zumindest im Großen, sprich im Staats­wesen, Ge­sund­heits­we­sen, Na­tur­wis­sen­schaft, Wirtschaft ….
Vieles unterliegt auch langwelligen Trends. Eine Sache gab es schon mal, ist aber lange her. Der Nationalismus zum Beispiel, er drängt den Gemeinsinn der Völker all­ge­mein und speziell in Europa zur­zeit zu­rück. Oder groß gemusterte Tapeten und Pelzkragen an der Ami-Jacke, kommt alles wieder. Es heißt nicht umsonst: nichts wegwerfen, das kommt nochmal in Mode.

Alles was in zeitlichen Maßstäben über einer Men­schen­ge­ne­ra­tion dauert ent­fleucht unserer normalen Beobachtung. Su­per­schnel­le Vorgänge können wir tech­nisch durch Ver­lang­sa­mung sichtbar machen, aber umgekehrt? Sehr langsame Ver­än­der­ungen wie die Erderwärmung mit den Warm- und Kaltzeiten, bis hin zum Seelenleben der Bäume, das auch schon Jahrzehnte, Jahrhunderte Beobachtung be­deu­ten würde, sind für uns nicht er­fass­bar. Trotz der Zeitraffertechnik.

Eine Meldung, dass in der Be­völ­ke­rungs­grup­pe der 25jährigen die Kurz­sich­tig­keit bei uns nun bei über 42% liegt und stetig steigt, scheint niemanden zu beunruhigen. Ein Trend, der in Fernost im urbanen Umfeld schon bis über 90% Betroffene hervorgerufen hat, bedeutet eine zwar langsame, aber messbare Veränderung unserer Physis, sprich gelebter Evolution.

Der Mensch im 20.Jahrhundert nutzt seine Augen vermehrt im Nahbereich. Ge­kom­men sind wir von der Savanne, wo der Blick am Horizont noch Feinde oder Beute ausmachen musste. Gelandet sind wir bei 13-14 Jahre Schule, Studium anschließend, lesen in Klassenräumen im Nahbereich unter schlechten Licht­ver­hält­nis­sen, da­nach lebenslanger Beruf im Büro, TV- und nun auch noch Handy- und IPad-Nutzung in der Freizeit. Wer lässt den Blick schon regelmäßig zum Horizont schweifen? Kommen die Holländer schon, ist noch Zeit die Zugbrücke hochzuziehen? Gerade heu­te bei offenen Grenzen wäre der Kontrollblick wichtiger denn je. Spaß bei­seite.

Ebenso wichtig ist aber auch eine ausreichende Helligkeit, zwischen einem gut ausgeleuchtetem Raum und bedecktem Himmel draußen liegt Faktor 10 bei der Lichtmenge.
Das Auge wächst für die vorwiegende Nah-Nutzung bei schlechtem Licht in seiner Länge und verändert so die Lage des Brennpunktes auf der Netzhaut. Die Zoomfähigkeit des Augapfels reicht nicht mehr aus für das Sehen in umgekehrter Form. Eine hohe Dioptrienzahl bei den Seh­hil­fen, muss dies anschließend aus­glei­chen. Zugegeben ein langsamer Trend, eine Folge unseres modernen Daseins, in der freien Natur wären wir damit schon lange nicht mehr über­lebens­fähig.
Trotzdem kann eine Aufklärung, eine Verbesserung der Bedingungen in der Schulzeit, eine automatische Nut­zungs­be­schrän­kung von EDV-Geräten etwas Abhilfe schaffen. In Taiwan wurde reagiert, Schulpausen mit Aufenthalt im Freien angeordnet, Software an Handy, Smart­phone und Co. schalten sich selbst­stän­dig für eine Nutzungspause ab, das geht!
Lasset den Blick in die Ferne schweifen, denn das Schlechte liegt so nah!
Dummerweise haben Verantwortliche in Politik und Gesundheit meistens auch keinen Weitblick.