Meine Glossen - Vom Altenhandy

Vom Altenhandy

Ich möchte sie als Leser nicht falsch einstufen.
Drum vorab zur Klarstellung. Gehören Sie zur Gruppe der IT-Spätberufenen, der Teilzeit-Whatsapper oder gar Handy­telefonierer?
Also ich meine Nur-Telefonierer mit dem Handy. Dann sind sie wie ich als Halbwissender unqualifiziert, was die Nutzung sozialer Medien, der Goggle-Schwarm­intelligenz und der Vielfalt technischer Möglichkeiten von modernen Gerätschaften betrifft. Mein Beileid.
   Also zuerst das Beispiel, unser täglich Telefon gib uns heute. Als da noch ein Kabel dran war und eine Wählscheibe konnte nichts fehlgedeutet werden. Kein Mensch hätte damit je die Grundrechenarten versucht oder im Keller bei den Kartoffeln die Taschen­lampen­funktion benutzt - Kabel war ja zu kurz.
Wenn allerdings damals unweit 'Bodo mit dem Bagger' das 500-paarige Erdkabel zersemmelt hatte - ja dann war auch Funkstille, ein frühes Funkloch, quasi.
Nein, ich meine hier wirklich das ganze Spektrum der Nutzung eines heutigen Mobiltelefones, über das Fernsprechen hinaus. Dazu hat man entweder diese technischen Raffinessen mit der Muttermilch (noch richtig analog) aufgesogen, ist ein Freak weit unter Sechzig oder älter und im Tal der Ahnungslosen.
   Allen jenen wie meiner einer, bieten die Dinger viel Frust und viel Überraschung. Beides, weil diese Grossrechner in Kleinformat ihre Geheimnisse nur kleckerweise preisgeben. Gerätschaften, von denen die frühen Mond­fahrt­missionen im vorigen Jahrhundert nur geträumt haben, werden dir heute kommentarlos am Tresen eines Elektronik-Hifi-Schuppens oder gar online in die Hand gedrückt. Fertig. Ohne Einweisung, ohne Nutzungstipps und Tricks, aber mit dem Hinweis, nicht zum Verzehr geeigent.
   Wenn es keine Kinder oder Enkel gäbe, behaupte ich hier, mein Telefon hätte noch eine Wählscheibe.
So entlocke ich meinem Handy immer neue, überraschende Geheimnisse. Und wenn ich fast soweit bin und habe 80% verstanden, dann kommt eine neue App hinzu.
Z.B. zur Einstellung meiner Hörgeräte. Tolle Sache im Prinzip, selbst justieren zu können ohne immer zum Akustiker zu rasen. Aber auch mit der Konsequenz, mit den IT-Querelen notfalls allein zu sein. So geschehen bei einer Wochenend­reise, fern des Hörgeräte­domteurs. Die zuständige App hatte sich aufgehangen (warum tut das nie der Entwickler), nichts ging mehr. Was tun. Da erinnerte ich mich an die Grundfunktion meines Telefons und habe angerufen. Kurz und gut, am Kabel wackeln ging nicht mehr, der Rat vom Fachmann also, App löschen und neu installieren - ist im Prinzip dasselbe.
So bleibt man auch drin im Geschehen, Übung macht den Meister.
Ich könnte jetzt noch den aktuellen Kampf schildern, mit meiner neuesten Errungenschaft, im Theater den Bühnenton auf meine Hörgeräte zu senden. Das lasse ich mal, das Ganze ist noch nicht abgeschlossen.
   Aber ein anderes Ding muss ich noch schildern.
Handy als Fotoapparat.
Man staunt ja wirklich über die gute Qualität der Bilder und eine Kamera hat man nicht immer dabei. Also im Prinzip nicht unpraktisch, da ja Handy immer an Mann oder Frau. Aber Hürden bei der Anwendung. Bin ich so schusselig, oder ist das Touchscreen-Sytem bei der Fotografie einfach unpraktisch. Kaum hab ich die Kamerafunktion gefunden und peile mein Motiv an, will noch etwas nachbessern, zoomen oder nur auf Querfomat umgreifen, war ich irgendwo an einen seitlichen Schalter gekommen oder mit einem Finger auf ein Touchfeld geraten - zack, Motiv ist weg.
Hoch­konzentrierter zweiter Versuch. Alle Finger unter Kontrolle, da der Schock. Verschrumpeltes Gesicht mit riesigen Nasenlöchern auf dem Bildschirm.
Ich hab irgendwie die Selfie-Funktion gedrückt.