Von den Ex
Glauben sie nicht, ich würde jetzt über die Verflossenen von Lothar Matthäus oder Joan Collins berichten, nein. Wie käme ich dazu, der YelloPress nachzueifern.
Nein, nein, das Genre ist ja fest in den Händen bekannter, bunter Blätter aus den Wartezimmern oder dergleichen unter der Trockenhaube beim Hairstylisten.
Von den Ex bei mir und meiner Frau (klingt jetzt nach einer großen Lebensbeichte) möchte ich in Folge erzählen.
Gedacht durchaus zur Abschreckung an eventuelle Nachahmer*innen, an alle mit mangelndem Biss.
Die Evolution hat vor Jahren, in Ermangelung von Weck-Apparat, Mikrowelle und Induktionsherd zwei übertrieben proportionierte Kauleisten hervorgebracht. Diese, mit jeweils maximal sechzehn aus robustem Zahnstein, oder so, bestehenden Einzelwerkzeugen, stehen sich in Ober- und Unterkiefer gnadenlos gegenüber. Viele, viele Jahre war der Nutzen unumstritten und es bestand lange Zeit lediglich die Frage, wer bei der Abnutzung gewinnt - oben oder unten. Zwei gleich starke Gegner, doch letztendlich kann nur einer gewinnen. So kann man bei fossilen Totfunden Sieger und Besiegte deutlich erkennen und unterscheiden.
Aber. Nachdem das Feuer, Grillmeisterschaften und die oben erwähnten Gerätschaften die Zubereitung von Säbelzahntigersteaks erleichtert haben, ist leider der Verfall eingezogen. Zipp-Zipp-Zilles, Smoothiemaker und Pulversuppen tun ihr Übriges.
Schon reagiert die Natur. Oft fehlen bei der Erstausstattung die vier äußersten Kauwerkzeuge. Sie dienten wohl evolutionär zum Knacken der Säbelzahnknochen, da dort nahe am Kiefergelenk die höchsten Hebelkräfte herrschen. Das galt als oberschlau, daher wurden sie dann Weisheitszähne genannt. Der Verlust ist verkraftbar, da wir die Knochen heute zur Seifengewinnung brauchen und auf den Verzehr verzichten, ja bei Spareribs sogar das störende Fleisch akribisch abknabbern - und das mit den Frontzähnen.
Ich glaube ich schweife ab.
Nun, die verbliebenen achtundzwanzig sind immer noch reichlich. Die Anforderungen, auch ohne Knochenbeißerfunktion sind weiterhin rückläufig. Eine vollwertige Ernährung ist heute für Jedermann, für Astronauten sowieso, völlig ohne Kauen möglich.
Damit die Natur nicht überreagiert und weitere Sparmaßnahmen anberaumt, wurde ein Art Trainingsprogramm en vogue. Das Kaugummi-Kauen. In den modernen Alltag eingebaut ist das Training inzwischen (hinter-)hoffähig.
So geschickt getäuscht, bleibt die Funktionalität Gebiss weiterhin ein Teil der Ausstattung moderner Hominiden.
Über diese eigentliche Notwendigkeit hinaus, ist das äußere Erscheinungsbild zwecks Wiedererkennung des Artgenossen, stark vom Vorhandensein intakter, strahlend weißer Kauleisten abhängig. Ja, es hat sich zusammen mit diversen anderen Aufhübschungen, u.a. auch die Beeinflussung des körpereigenen Geruchs und der gesteuerte Haarwuchs, eine eigene Branche nur für diese Beißerchen etabliert.
So langsam kommen wir zum harten Kern dieses Artikels.
Sollten sich durch äußere Einflüsse (Altstadtbesuch, Unfall, Unachtsamkeit beim Kronkorkenöffnen etc.), oder Schäden durch Mundfäule die Reihen lichten, ist Hilfe möglich - gegen Geld!
Die Ersatzteilindustrie hat ähnlich wie bei Gelenken, Herzklappen oder Fingernägeln inzwischen auch hier Lösungen parat, kein Grund also für Mut zur Lücke.
Die mit etwas handwerklichem Geschick in den Kieferknochen eingeschraubten Bauteile sind nicht wie alle anderen weltweit bekannten Dübel von Herrn Fischer erfunden, er hatte wohl gute Zähne. Egal. Da Krankenkassen für möglichst komplette und funktionstüchtige Zähne keine Notwendigkeit sehen (Ernährung ist auch ohne Kauen möglich, siehe oben), ist der Spaß eine privatwirtschaftliche Übereinkunft von Arzt und Opfer. Wie bei allen Dingen, die man selber nicht leisten kann, ist man mit Gedeih und Verderb …, sie wissen schon. Es kostet halt, Vollbeißer sein zu wollen.
So Finale, jetzt.
Nachdem Implantate viele Jahre geleast und abgestottert worden sind, traten just im Moment als sie unser Eigentum wurden, irreparable Defekte auf. Die Dinger müssen tlw. wieder raus. Das nennt sich Ex-Plantation, also ehemals In, nun Out - ist aber billiger wie In.