Guckst Du

Guckst Du

Sehr zum Leidwesen meiner Frau be­schäf­ti­ge ich mich gerade mit meiner Lieb­lings­tä­tig­keit. Gucken.
Fern jedes übertriebenen Aktivismus kann ich den Blick scheinbar teilnahmslos in un­se­ren Garten richten.
Für Menschen mit einem konkreten Ta­ges­plan, mit einer To-Do-Liste ist das der reins­te Horror.
Ich aber gucke nicht bloß, ich schaue.
Sehe das Grün in verschiedenen Tönungen, die roten, gelben, weißen Tupfen mit denen sich Blüten hervortun, das Azur des Himmels und die flatterige Schönheit eines Falters. Vögel die geschäftig nach Fress­ba­rem suchen und Nachbars Katze, die ähnliches im Sinn hat.
Das Szenario scheint statisch, unverändert. Aber es lebt, es bewegt sich, es mutiert vor meinen Augen.
Der Wuchs des Grün variiert, Blüten kom­men und gehen, die Vögel sind ge­schäf­ti­ger als sonst, einige plötzlich gen Süden verschwunden, die Sonne ändert ihren Weg am Horizont, aus grün wird zu­seh­ends bunt.
Ich gucke im Zeitraffer.
Aufbruch, Blüte, Niedergang, Tod.

Und manchmal kommen mir beiher
solche Gedanken, wie jetzt gerade.