Meine WannenPoesie - Prä E-Bikeium

Prä E-Bikeium

Bad zur Mittagszeit. Draußen 15 Grad!

Was soll das, mittags, werden sie fragen. Aber das warme Wetter, nach einem Wintereinbruch Mitte Oktober, hatte nochmal zum Radeln animiert. Verschwitzt und geschlaucht zurück, war das Entspannungsbad die einzig richtige Lösung.
Wenn man bedenkt, im November diese Temperaturen, es hat womöglich in China ein Schmetterling mit den Flügeln geschlagen, oder so ähnlich. Schwer nachzuprüfen.
Aber wenn es doch nur daran läge!
Die Wetterkapriolen wären so demnächst leicht bekämpfbar, ohne umständlich die CO2-Sünder verantwortlich machen zu müssen.
Die Gegenwehr der Schmetterlinge schätze ich nämlich ziemlich klein ein.
   Egal. Ich wollte von der Radfahrt berichten. Bilderbuchwetter. Die Luft duftete, nicht frühlingshaft, sondern schon nach welkem Laub und Totholz. Die Sonne wärmte, sodass ein Weste schon fast zuviel an Bekleidung war. Trotzdem sah ich wieder den einen oder anderen Jahreszeit-Junkie. Ähnlich wie bei der festen Winterreifenregel von O bis O, gibt es Menschen, die sich strikt nach dem Kalender richten und nicht etwa nach der herrschenden Außentemperatur. Mit Mütze (oder Helm und Mütze), wattierter Jacke, Schal und Handschuhen trotzen sie dem jahreszeitgemäßen Wetterunbill, wie gesagt ungefähr bis Ostern.
Naja, mir war echt warm und es rollte. Es rollte perfekt. Nach einer Weile sagte ich zu meiner Frau: so muss sich das fahren mit E-Bike anfühlen.
Mein Verdacht sollte sich später bestätigen - wir hatten Rückenwind.
   Nach flotten 20km eine Rast an einer Mühle mit Blick auf den See, toll in der Novembersonne zu sitzen. Aus dem geplanten Kaffee wurde dann doch ein naturtrübes Weizengetränk. Gut so, denn das sollte mir bald helfen.
Logischerweise neigte sich unsere Rundtour nach der Rast wieder etwas dem Ausgangspunkt zu.
Sie ahnen es, es war die restliche Zeit, also die zweite Halbzeit unserer Tour, komplett nur Gegenwind.
Das ist für mich schlimmer als Berge.
Da weiß man schließlich, daß der auch ein Ende hat.
Gegenwind hat kein natürliches Ende.
Da endet in der Regel zuvor mein Wille und meine Kraft. Diesmal aber war ich ob der schönen ersten Hälfte so sauer, dass mir die Ausschüttung von Adrenalin zu Hilfe kam. Hormondoping quasi plus die kleine Hopfendroge. Je mehr Wind, desto aggressiver trat ich in die Pedalen. Ich schwor mir, nicht herunterzuschalten und begann am Lenker zu ziehen, zu beißen. Nicht mit mir, nicht heute. So fuhren wir schweigend, verbissen, auf den Asphalt starrend heimwärts. Die unterbelichteten Beinmuskeln meldeten Alarm.
So langsam macht das mittägliche Vollbad Sinn, oder? Ich war echt groggi.
   Übrigens habe ich mir in der Wanne geschworen. Beim nächsten Mal schei.. ich auf Temperatur, Regen­warschein­lichkeit, auf die Windrichtung werde ich achten. Ablesbar analog, am Wetterhahn des Kirchturms oder digital per App. Dann werden wir unsere ziellose Tour danach ausrichten und vor dem Wind kreuzen. Lieber zweimal quer dazu, als einmal dagegen!
Segler werden wissen was ich meine. Frontal dagegen geht gar nicht, quer mit Umwegen, aber geht.
Vielleicht bin ich bis dann auch zum Hybrid-Biker geworden - halb Muskel, halb E-Antrieb, mal sehen.