Der kleine Kosmos
OK. Um es klar vorweg zu sagen. Ich spreche von mir.
Nicht von den ersten hundert Reisenden, die in Corona-Zeiten zuhause mit Blanko-Urlaubsscheinen auf gepackten Koffern saßen und nun in/auf Mallorca mit viel Beifall nach dem Ende der Reisebeschränkungen begrüßt wurden. Fernweh ist mir fremd.
Mir fiel nur ein, die Großväter der Applaudierenden wurden als willkommene Gastarbeiter hierzulande ähnlich begrüßt, damals. Sie lieferten ersehnte Arbeitskraft in ein vom Krieg ausgeblutetes Land. Heutige Urlauber bringen das Endprodukt von Arbeit, nämlich Geld in ein vom Virus ausgeblutetes Land. Eine Hand wäscht die andere, früher oder später.
Aber wie gesagt, ich und meines gleichen. Wir sind nun nach drei Monaten relativer Sozialaskese im kleinen, eigenen Kosmos noch immer sicher unterwegs. Zum Glück sind es mehr als 80m2 und es ist ein Zaun drumherum. Ich habe mich daran gewöhnt und der Mini-Kosmos reicht mir eigentlich, plus Aktionsradius des Drahtesels.
Zwischenzeitlich ist die Lage teilentspannt, denn wir können die Enkelkinder wieder sehen. Das Virus ist zwar noch da, doch bei geschlossener Kita keine Übersprungmöglichkeit auf den Nachwuchs. Das gilt übrigens auch für die Kopflaus.
Nunja, zuhause hatten plötzlich alle Menschen Zeit und haben sich bewußt in ihrem Terrain umgeschaut. Partner, Familie, Wohnung etc. kritisch unter die Lupe genommen und Änderungsbedarf festgestellt. Bestenfalls führte das zu Renovierungsarbeiten und/oder Aussprachen. Dinge halt, die schon lange aufgeschoben worden waren. So gehören Baumärkte und Paartherapeuten zu den Gewinnern der Krise.
Ich für mein Teil kann mehr oder minder gut versorgt, durch all die technischen Nabelschnüre dieser modernen Welt und die Einkäufe meiner Frau, unserem Refugium nur huldigen. Bisher ist der böse kleine Feind vor den Gartentoren geblieben. Eine Überlegung, die Einfriedung mit 3m hohem Plexiglas zu ergänzen ist aber technisch, wirtschaftlich gescheitert.
Eine Anfrage im Weißen Haus, wie der Lösungsansatz dort an der mexikanischen Grenze erfolgte, steht noch aus.
Es hat bis dato aber gelangt, das Plexiglas als Schild vor dem Gesicht zu tragen oder eben eine dieser Atembehinderungsmasken. Vor einer eventuellen Schutzimpfung ist dies trotzdem die effektivste Lösung, die Ausbreitung der Pandemie zu erschweren. Allein schon, weil man dahinter weniger Luft bekommt.
Auch für die wichtige Frage, zur notwendigen, täglichen Flüssigkeitsaufnahme gibt es im Freundeskreis erste Lösungsansätze. Inspiriert durch die FFP2-Masken aus dem Medizinbereich, bietet eine zentrale, wiederverschließbare Trinköffnung in der Standard-Mund-Nasen-Maske einem Flaschenkind die Möglichkeit, eine übliche Pfandflasche an die Lippen anzusetzen. Ganz ohne die Maske abnehmen zu müssen. Geht doch.
Darüberhinaus ist es übrigens kurios, bis 2019 wurde man von der Security einer Bank umgehend überwältigt, wenn man mit Maske zum Schalter trat - heute passiert das, wenn man keine trägt! So ändern sich die Umstände. Zorro hätte diese Zeiten von berufswegen jedenfalls begrüßt.
Bin gespannt, was da noch alles kommt.