In Rente

In Rente

Der neue Lebensabschnitt Rente - eine Rechenaufgabe mit mehreren Un­be­kann­ten.

Abgesehen von den vielen Noch-Aktiven, die sich formell nach dieser goldenen Zeit sehnen, ist das Erleben durchaus viel­schich­tig.

Wie alle neuen Lebensabschnitte muss auch der Ruhestand erst erlebt werden, um mitreden zu können. Meinem Vater war das nicht vergönnt. Just vor Eintritt in diesen Lebensabschnitt hat ihn, sehr zur Freude der Deutschen Rentenversicherung, ein Infarkt dahin gerafft. Ich fühle mich daher etwas unwohl, nun schon Jahre länger hier zu verweilen wie er, bin aber durchaus motiviert, die negative Bilanz unserer Familie auszugleichen.

Aber zurück zu denen, die es schaffen könnten.

Sehr unterschiedliche Vor- oder Rand­be­din­gun­gen machen die Erfahrungen im Ruhestand schlecht vergleichbar bzw. es gibt keine Standardlösung.

Hatte jemand eine sehr herausgehobene Position bekleidet, Aufsichtsratsmitglied oder Papst, dann wird das Missen von Macht und Einfluss schon weh tun. War er aber ganz normal Ausgebeuteter und ist gar im Unfrieden gegangen worden, dann hält sich das Bedauern ob der verlorenen Aufgabe eher in Grenzen. Ist jemand alleinstehend, kränklich oder kontaktarm, hat keinen Hund und ist nicht im Schützenverein? Schwierig, schwierig.

Das serienweise Anfertigen von Vo­gel­fut­ter­häus­chen kann vorübergehend Abhilfe schaffen, aber dann?

Einige der aufgezählten Dinge treffen übrigens auf mich zu. Nicht alles, drum schnitze ich gelegentlich mit der Ket­ten­sä­ge, sammele Kronkorken, fahre Rad, lese ein wenig, schreibe gern Gedichte und kann ansonsten den gottgegebenen Tag mit Schauen verbringen. Sehr zum Leidwesen meiner Frau, die darin Un­tä­tig­keit wittert. Ich bin froh, dass mich diese Beschäftigung nicht langweilt, im Ge­gen­teil. Irgendetwas läuft im Hirnkastl da­bei gleichzeitig ab. Denken tut man im­mer etwas.

Zum Beispiel auch in der Badewanne, diese Leidenschaft vergaß ich zu erwähnen. Dazu habe ich frühzeitig erkannt, es lohnt diese Gedanken aufzuschreiben. Für mich, für die Welt, für so zum Spaß eben. Überhaupt liegt mir schreiben weit mehr als reden. Ich telefoniere noch nicht einmal gern, ist ja auch reden und schiebe das meiner Frau gerne zu. OK, dafür mache ich alle schriftlichen Grüße und zugehörigen Karten selbst. Farbdrucker sei Dank. Übrigens schon wieder ein Hobby.

Während ich so aufzähle fällt mir selber auf, ist doch einiges an Freizeitgestaltung. Könnte mehr sein, z. B. mit sozialem Engagement, Weiterbildung, Sprachen und so, oder mit künstlerischem Aspekt, ich würde gerne zeichnen, karikieren lernen.

Warum mache ich das eigentlich nicht?

Fazit: In Rente ist zwar viel Tageszeit zum Verbummeln da, es ist aber definitiv deine Restzeit. Nutze sie.