Bedenken

Frühlingsanfang. Schon klar. Montags, baden untypisch. Dem üblichen Ping geschuldet, liege ich unüblich in den warmen Fluten. Es hilft bald eh nix mehr, ich glaube die Ersatzteil­liste wird bald länger werden.

Aber mein Wannen­thema heute. Das Wört­chen 'ABER'. Ich werde mich bemühen, es in diesem Artikel nicht mehr zu ver­wenden. Wird schwer, denn es ist für mich typisch. Lange habe ich mich dafür verflucht, ich bin ein Bedenken­träger.

Dies ist ein Schimpf­wort in der Technik und wohl auch in Politik und Gesell­schaft. Ich habe es mir selbst verliehen. Denn es fällt mir eigen­tlich zu allem und jedem ein Veto ein. Es gibt nichts und nie­manden, dem ich bedenken- und bedingungs­los mein Ja geben würde, ausge­nommen damals mei­ner Frau. Mir ist schon lange klar, dass diese Ei­gen­schaft ein massiver Hin­der­ungs­grund ist, im Berufs­leben Karriere zu machen. Ich meine, so richtig. Das böse Wort ist in der Industrie nicht gern gesehen, braucht es doch oft schnelle Ent­scheidungen. Da ist eine falsche nicht so schlimm, wie gar keine. Vermut­lich ist das in der Finanz­welt etc. ebenso. Klare Kante ist In.

Vermutlich sind, wie auch beim Weg nach Rom, oft Alter­nativen möglich. Die Chancen für eine richtige Ents­cheidung sind oftmals 50 : 50 oder gar noch besser. Das Feh­ler­ri­si­ko ist also manch­mal über­schau­bar, kalkulier­bar, bloß ich erkenne das nicht. Mir macht es stets Probleme zu ent­schei­den. Selbst bei einer lockeren Rad­tour ohne feste Route, an der nächsten Ga­be­lung des Feld­weges muß ich mich für rechts oder links entscheiden. Auf den letzten 20m habe ich mich 3-mal um­ent­schie­den. Sie verstehen mein Pro­blem. Trotzdem denke ich über diese meine bittere Eigen­schaft gerade nach. Hat auch einige Vorteile.

Ich kann mir beispiels­weise nicht vor­stel­len, irgend­einer Fahne hinter­her zu rennen, egal welcher Couleur. Auch nicht, einem der Normalität ent­rückten Men­schen auf einer Bühne ekstatisch zu­zu­ju­beln. Das gilt politisch, wie sportlich oder gesell­schaftlich. 'Helene, ich will ein Kind mit dir' als Trans­pa­rent unter 10000 Fans, undenk­bar für mich und auch inzwischen körper­lich an der Realität vorbei. Auch die Ultra-Denke für meinen Lieblings-Club schmiere ich nicht an fremde Wände. Die spielen oft so mies, dass ich ja kurz darauf mit Farbl­öser wieder alles ent­fernen müsste. Nein. So ist mir natürlich auch politischer Hype oder Parteien­treue bis in den Tod ein Rät­sel. Ändert sich doch jedes Pro­gramm über Jahre durch leitende Persönlich­keiten und Zeit­strömungen so radikal, dass es Wen­de­wäh­ler wie mich geben muss. Sehe ich gelegent­lich zig-tausende Men­schen mit Ein­heits­fähn­chen winken, vor emotional dema­gogisch agierenden Red­nern, dann ist klar, ein Saal voller Gleich­gesinnter feiert sich selbst. Und wehe das Ganze ist religiös an­ge­haucht. Propaganda­veranstaltungen vor kritiklosen Mit­läufern ist wie Party mit Wolfgang Petri, das muss man schon wirklich vor­behaltlos mögen. Das ist wie gesagt nicht mein Ding. Und ich bin inzwischen froh darüber. Vielleicht ging ich sogar mal mit zu Wolf­gang Petri, aber ...