Malheure
In Zeiten von wirklichen Katastrophen, Pandemie und Hochwasser, ist es vielleicht besonders effektvoll von kleinen Varianten aus dem Alltag zu berichten. Quasi zu deren Nivellierung. Worüber man sich aufregen oder ärgern kann, wenn sonst nichts klemmt.
Die gute Frau, also meine mir Angetraute, fährt zum Yoga. Das geht mit Beschränkungen wieder (für spätere Generationen: Corona-Auflagen). Ich betrete zwecks Hausmeistertätigkeit 'Müll entsorgen' die leere Garage und bin leicht erschrocken.
Mehrere dicke, ölartige Flecken auf dem Boden, wo das Auto zuvor stand. Ich sehe schon vor meinem geistigen Auge die Eurozeichen in den Augen meines Automechanikers blinken. Was kann das jetzt sein? Was wird das wieder kosten? Mußte ja mal kommen, bei 90-tausend Kilometern und 8 Jahren Alter. Irgendwann geht es los mit den Reparaturen, wieviel soll man da noch investieren, alte Kiste, usw.
Ich gehe ein paar Schritte näher, nehme eine Fingerprobe. Dunkelbraun, leicht schmierig - Mist, sieht aus wie altes Öl. Nur die Stelle ist komisch. Da liegt kein Motor, kein Getriebe, kein Differential, wenn das mein Automatikwagen überhaupt hat. Komisch. Da geht mir ein Fernlicht auf.
Vorgestern, so ein Tag zum Abhaken, an dem man morgens besser gleich liegen bleiben sollte - wenn - ja, wenn man nur vorher wüßte was kommen würde. Eine kleine Besorgungsfahrt ist anberaumt. Im Sommer oftmals mit dem Rad zu erledigen, auch bis in die Nachbargemeinden, aber dieses Mal wegen verschiedener Ziele und Schwerlastteilen ist die CO2-Schleuder dran. Ehemals des Deutschen liebstes Kind, Ältere unter uns werden sich erinnern.
Beim Rückwärtsstart aus der Garage erstes Highlight. Bevor ich überhaupt in die Spiegel schauen konnte hat es schon gerumst.
Also meine Frau fährt wirklich gut Auto, für eine ehemalige Blondierte. Aber die einfache Geradeausfahrt in unsere Autobehausung ist ihr zu simpel. Der Wagen steht öfters leicht ums Eck mit eingeschlagenen Rädern dort und zu sportliches Rückwärtsfahren führt zu geschildertem Effekt. Mist. Hinterer Kotflügel handtellergroß verkratzt, Fingernageltest belegt, ist ganz schön tief und nix für die Politur. Kurz und gut ich bin der Fahrer und Depp, sollte es wissen und die Positionierung des Fahrzeugs vor dessen Betreten zuerst korrekt einschätzen. Kommt man ohne Wendemanöver da heraus, oder nicht?
OK, ist passiert, bei dem Fahrzeugbaujahr ist keine weitere Wertminderung zu erwarten. Ärger runtergeschluckt. Schlucken ist das richtige Stichwort für den nächsten Akt, ca. zwei Stunden später.
Laut Flugblatt eines örtlichen Discounters ist meine Nervennahrung im Angebot. Eine mit Alkohol versetzte Kräutermischung von südlich der Alpen. Wird erfolgreich eingesetzt gegen Magen- und Darm-Ping, Heimweh und Fernweh, sowie vorsorglich für alles.
Meine liebe, ehemalige Verlobte ist so gut und springt immer und macht und tut, während ich den alten Boliden auf dem Parkplatz bewache. Die drei Flaschen der Heiltinktur werden in den Kofferraum verstaut. Ab geht's heimwärts.
Leider aber durch einen Kreisverkehr. Auf halber Strecke scheppert es dort dumpf, was verdächtig nach dem Bruch einer vollen Flasche klingt. Es fehlte leider ein Einkaufskorb und die somit lose, nur leicht gesicherten Schätze gerieten wohl ins Rollen. Zuhause sofort Kontrolle, alles genau wie befürchtet. Eine Pulle kaputt. Ein halber Liter Heilkräutersud hat sich in die Filzabdeckung des Kofferraumbodens verzogen - sprichwörtlich. Natürlich habe ich eilends alles ausgebaut und mit dem Wasserschlauch bearbeitet, solange bis dort wieder klare Brühe ausgetreten ist. Alles zum Trocknen nach draussen aufgestellt. Ärger Nummer zwei klingt ab, uff.
Offensichtlich gibt es aber Wege für die braune Brühe aus dem Reserveradkasten von unterhalb der Filzabdeckung die ich nicht kenne.
Gott sei Dank eigentlich, die Flecken auf dem Boden sind bloß Ramazzotti. Geschmackstest war dann eindeutig.